Unl?ngst übergab Professor Dr. Jürgen Kühling, Lehrstuhl für ?ffentliches Recht, Immobilienrecht, Infrastrukturrecht und Informationsrecht an der Universit?t Regensburg (UR), dem Bundeswirtschaftsministerium das j?hrliche Hauptgutachten der Monopolkommission, deren Vorsitzender er ist. Am 25. Juni 2024 erm?glichte er G?sten aus Universit?t und Stadt im H24 des Vielberth-Geb?udes in der UR-Reihe Regensburg Lectures in Sustainability einen Blick in die jüngsten Empfehlungen des Gremiums. Kühling griff Themen auf, die für eine ?kologische Transformation der bundesdeutschen Marktwirtschaft unabdingbar sind: Fernw?rme, Elektromobilit?t, Bahnfahren. Universit?tspr?sident Professor Dr. Udo Hebel betonte in seinem Gru?wort, es sei ihm in besonderem Ma?e wichtig, ?dass wir uns im Rahmen wissenschaftlichen Austauschs für die gro?en Zukunftsthemen engagieren und in die gesellschaftliche Diskussion einbringen“.
Vor diesem Hintergrund dankte Hebel dem Nachhaltigkeitsbeauftragten der Universit?tsleitung, Professor Dr. Andreas Roider, der Redner und Publikum begrü?te. Jürgen Kühling griff im Anschluss in einem kurzweiligen Vortrag drei Themen auf, die die Gesellschaft ebenso wie die Monopolkommission in jeder Hinsicht nachhaltig besch?ftigen: Heizungen, E-Mobilit?t und Bahnfahren. Schwierige Themen, welche die Monopolkommission durchleuchtet und der Bundesregierung Hinweise gibt sowie Probleml?sungsans?tze empfiehlt.
Wie bekommt man eine ?kologische Marktwirtschaft hin? Kühling geht mit dem Redner einer früheren Regensburg Lecture in Sustainability an der UR, Professor Achim Wambach PhD, konform: Klima muss sich lohnen, für alle. Es gehe um Gerechtigkeit auch für künftige Generationen, erinnert Kühling. Viele Disziplinen müssen zusammenwirken, man müsse voneinander lernen und sich erinnern: Kleinste Ver?nderungen im Klimasystem k?nnen Auswirkungen haben und bewirken, dass Kipp-Punkte erreicht werden, die sich nicht rückg?ngig machen lassen und das Klima damit qualitativ ver?ndern.
Aber wie nun die breite Masse für die Notwendigkeiten gewinnen? Mit dem Geb?ude-Energiegesetz, ?dem gro?en ?ffentlichen Aufreger“, ist es nicht gelungen. Das dazugeh?rige Instrumentarium war aus Sicht Kühlings nicht ausgereift. Auch die Kommunikation stimmte nicht – weite Teile der Gesellschaft lehnten es ab oder blieben skeptisch. Aber der CO2-Aussto? muss geringer werden, die Welt muss dekarbonisieren, und Deutschland hat dabei sogar noch ambitioniertere Ziele als die Europ?ische Union; ?bis 2045 will es auf null“.
Klimaschutz l?sst sich nicht verschieben
Kühling verweist auf eine Leitentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. M?rz 2021: Klimaschutz hat nicht nur Verfassungsrang, sondern ein intertempor?res Freiheitsverst?ndnis schr?nkt uns dabei ein, freiheitseinschr?nkende Klimaschutzma?nahmen beliebig in die Zukunft zu verschieben. In manchen Bereichen wurde auch schon geliefert, sagt Kühling, bei der Energieversorgung beispielswiese habe man den CO2-Aussto? wie geplant gesenkt, ?der Verkehrssektor hat jedoch nicht performt.“ Vor diesem Hintergrund skizziert Kühling drei Ziele der Monopolkommission, die in Sachen ?kologischer Transformation zentrale Bedeutung haben: mehr Fernw?rmewettbewerb für die Energiewende auch mit dem Ziel der Dekarbonisierung bei dem Heizen von Geb?uden, mehr Lades?ulenwettbewerb zum Erreichen der Verkehrswende und die Regulierung der DB InfraGO AG, die die Eisenbahninfrastruktur in Deutschland gestaltet, für die Verkehrswende.
Schwierige Themen für die Politikberater*innen, denn die ?kologische Transformation einer Marktwirtschaft gestaltet sich komplex und ?Politik will ganz schnell ganz wirksam sein“. Neben Effektivit?t seien aber u. a. auch die Effizienz und Akzeptanz sowie die soziale Absicherung von gro?er Bedeutung. Schwierig werde es daher, wenn die Politik auf diese Ziele nicht hinreichend achtet. Beim hochumstrittenen Geb?udeenergiegesetz war dies bei den ersten Vorschl?gen nicht der Fall. Die gesellschaftliche Akzeptanz wurde nicht erreicht, auch die soziale Abfederung fehlte. Letzteres sei, so der Redner, im ?brigen auch bei der sinnvollen Steuerung über den CO2-Preis von essentieller Bedeutung. Hier bedürfe es des Klimageldes als sozialer Abfederungsma?nahme. Anders als beispielsweise ?sterreich habe Deutschland die Auszahlungskan?le des Klimageldes immer noch nicht hergestellt, sagte Kühling.
?Geopolitische Aspekte“ spielen ebenfalls eine Rolle, wie die ?Gaskrise“ in der Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine gezeigt habe. An dieser Stelle lobt Kühling die Bundesregierung – es sei eine gro?e Leistung der Bundesregierung gewesen, so schnell aus den russischen Gas-Lieferungen herauszukommen. ?sterreich hat dies beispielsweise gar nicht hinbekommen.
Welche Ziele fokussiert die Monopolkommission im Besonderen? Die gesamtwirtschaftliche Kosteneffizienz für die Sicherung der Akzeptanz bei Beachtung der rechtlichen Durchsetzbarkeit. Hier setzt das Instrument des Wettbewerbs an, dass die Monopolkommission so weit wie m?glich wirken lassen m?chte. Kühling erl?utert deren ?berzeugung: ?Wettbewerb steigert Qualit?t, senkt Preise, f?rdert Innovation“. Es gebe verschiedene Wege, Wettbewerb zu organisieren. Am besten schafft man einen echten Wettbewerb verschiedener Anbieter. Notfalls stelle eine Regulierung eine Situation her, als g?be es Wettbewerb – dann spricht man von ?Als-ob-Wettbewerb“. Bei der Infrastruktur im Eisenbahnbereich sei etwa letzteres der Fall. ?Auch bei der Fernw?rme geraten wir durch die gewollte Verdr?ngung von Gas- und ?lheizungen in einigen Gebieten Deutschlands in Monopolsituationen“, erkl?rt der Wissenschaftler.
Heizungen und Fernw?rme – die Energiewende
Aktuell gebe es noch mehrere Alternativen und einen gut funktionierenden weltweiten Markt, der dafür sorgt, dass die W?rmepumpenabnahme günstig bleibt. Die Alternativen der Gas- und ?lheizungen scheiden künftig aus. W?rmepumpen sind in dichten Innenstadtlagen aber nicht m?glich. Dort entwickle sich das Fernw?rmenetz zum tats?chlichen Monopol. Manchmal gibt es sogar eine Anschlussverpflichtung an das Fernw?rmenetz. Dann bestehe sogar ein rechtliches Monopol.
Aber auch Fernw?rme ist in Sachen CO2-Neutralit?t aktuell noch problematisch – zwei Drittel der Fernw?rme stammen aus fossilen Quellen. ?Wir müssen also in den kommenden Jahren gleichzeitig Fernw?rme ausbauen und ihre Erzeugungsstruktur dekarbonisieren, das ist eine gro?e Herausforderung“, sagt Kühling. Etwa 32 Millionen Menschen in Deutschland sind derzeit ohne Fernw?rmeversorgung. Neue Netzgebiete, deren Ausbau auch koordiniert werden muss, werden ebenso notwendig. ?Es sind gro?e Investitionen, die auf uns warten.“
Die Monopolkommission hat der Bundesregierung an dieser Stelle empfohlen, vorsichtig zu beginnen, mit einem ?Als-ob-Wettbewerb“ – die Transparenz müsse gesteigert werden, sagt Kühling, zudem habe man eine bürokratiearme Price-Cap-Regulierung empfohlen. Mittelfristig aber führe kein Weg daran vorbei, einen echten Wettbewerb unter den erzeugenden Unternehmen zu entfachen. ?Das ist ein Wachstumsmarkt, davon müssen wir jetzt die Verb?nde überzeugen.“
Lades?ulenwettbewerb für E-Autos - die Verkehrswende
Kühlings zweites Beispiel ist mehr Wettbewerb in Sachen Lades?ulen für E-Autos. Es brauche zugleich einen schnellen Ausbau. Viele Kommunen h?ttenen teils unter Beratung der Monopolkommission auf einen Ausschreibungswettbewerb gesetzt und beide Ziele – Schnelligkeit und vielf?ltige Anbieterstruktur – erreicht. Beim Schnelladenetz entlang der Autobahnen gebe es Licht und Schatten.
Hier wollte der Monopolist Tank&Rast für die bewirteten Autobahnrastst?tten – entgegen dem Rat der Monopolkommission – besonders schnell sein und ohne Wettbewerb voranschreiten. Nun streite sich Tank&Rast mit Wettbewerbern vor dem Europ?ischen Gerichtshof. ?Beide Ziele wurden erst einmal verfehlt – weder ein rascher Ausbau, noch Wettbewerb.“ Ein wettbewerblicher Markt sei m?glich, auch einer, der Wachstumspotenzial besitze, dessen ist Kühling sich sicher. Ausschreibungen durch die Kommunen h?tten das gezeigt. Auch in Regensburg gebe es hier noch Luft nach oben.
Regulierung der DB InfraGO - die Verkehrswende
Beispiel 3 – die Bahn. Ihren gegenw?rtigen Zustand beschreibt Kühling als ?unbefriedigend“. Klar sei: Wettbewerb im Infrastrukturbereich, also bei Bahnh?fen und Schienen, werde es nicht geben. Das Unternehmen DB InfraGO AG bleibe ?natürlicher und rechtlicher Monopolist“, finanziert aus Steuergeldern. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网 bedeutet, erkl?rt Kühling, dass ausschlie?lich ein ?Als-ob-Wettbewerb“ durch Regulierung m?glich ist.
Kühling fordert an dieser Stelle andere und auch st?rkere staatliche Steuerungsans?tze. Die Unpünktlichkeitswerte im Fernverkehr sind auf Rekordniveau – die Bahn muss wieder pünktlich werden. Darauf seien etwa die Managementboni st?rker auszurichten. Das Thema Eisenbahnregulierung verfolgt der Redner, der selbst und wie viele andere oft frustriert die Bahn nutzt, seit 25 Jahren. Er kenne kein anderes Unternehmen, sagt Kühling, im dem die Zufriedenheit der Kundschaft so gering gesch?tzt werde wie bei der Bahn.
Bei der Digitalisierung etwa: Die DB wisse nicht echtzeitgenau, wo ihre jeweiligen Loks und Lokführer gerade sind. Das Publikum amüsiert sich sehr, als der Redner dies pointiert mit den M?glichkeiten der Verfolgung von Paketen vergleicht. Aber das ist nur ein Thema von vielen. Das Netz ist in katastrophalem Zustand – es brauche eine st?rkere Qualit?tsregulierung, auch für die Trassenentgelte. Langfristig müssten Ausbauziele erreicht und Kostenpl?ne eingehalten werden – auch daran seien die mittel- und langfristigen Managementboni auszurichten.
Schlie?lich: Vertikale Desintegration, also das Herausl?sen des Netzes aus dem Konzernverbund. Sie stütze die Ausrichtung der Bahninfrastruktur auf das Gemeinwohl, sagte Kühling. Aber Regulierung sei nur eine dringende Notwendigkeit. Die andere ist Geld. Dass es in der Schweiz ein besseres Zugsystem mit h?chsten Pünktlichkeitswerten gibt, h?nge auch mit den pro Kopf vier Mal so hohen Investitionen zusammen, erl?uterte der Redner.
Dynamik des Marktes nutzen
Kühlings Fazit: Man sollte für die ?kologische Transformation der Marktwirtschaft die Kraft und Dynamik des Marktes und des Wettbewerbs nutzen – auch wenn es eine gro?e Herausforderung ist: ?In dieser Zeit k?nnen wir es uns auch nicht mehr leisten, diese Kraft zu verschenken.“ 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网e Botschaft richtet die Monopolkommission auch an die Politik – zuletzt bei einer Festveranstaltung zum 50. Geburtstag des Gremiums. Mit etwa 200 G?sten aus Politik, Wissenschaft, Beh?rden, Gerichtsbarkeit, Unternehmen, Verb?nden und Medien beging die Monopolkommission ihr Jubil?um im Berliner Wirtschaftsministerium. Jürgen Kühling moderierte die Veranstaltung, die ?Wettbewerb im Spannungsfeld von Industriepolitik und ?kologischer Transformation“ thematisierte.
Festvortr?ge kamen bei der Veranstaltung von der Nürnberger ?konomin Veronika Grimm und von Kartellrechtler Rupprecht Podszun, der Jürgen Kühling im Juli in die Monopolkommission folgt. Weitere Impulse kamen u. a. von den ehemaligen Vorsitzenden Justus Haucap (Universit?t Düsseldorf), Daniel Zimmer (Universit?t Bonn) und Achim Wambach (ZEW Mannheim). Die Veranstaltung schloss mit einer Keynote von Wirtschaftsminister Robert Habeck, der sich im Gespr?ch den Fragen von Jürgen Kühling und Kommissionsmitglied Constanze Buchheim stellte.
Informationen/Kontakt
Zu Professor Dr. Jürgen Kühling LL.M. (externer Link, ?ffnet neues Fenster)
Zur Monopolkommission (externer Link, ?ffnet neues Fenster)
Die "Regensburg Lectures in Sustainability" an der Universit?t Regensburg (https://go.ur.de/rlis (externer Link, ?ffnet neues Fenster)) werden durch roots e.V., den Alumni-Verein der Fakult?t für Wirtschaftswissenschaften, unterstützt.
UR-Beitrag zur ersten Regensburg Lecture in Sustainability mit Prof. Dr. Michael Braungart (externer Link, ?ffnet neues Fenster)